Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea L.) ist eine in Deutschland heimische Schmetterlingsart. Sie kommt bevorzugt in warmen, trockenen Regionen vor und befällt nur Eichen. Kurz nach dem Schlupf der Falter beginnt der Fortpflanzungszyklus im Spätsommer mit der Anlage von Eigelegen.
Die Raupen schlüpfen im darauffolgenden Jahr je nach Temperatur im Zeitraum von Mitte April bis Anfang Mai. Für die Nahrungssuche bewegen sich die Raupen prozessionsartig, also in langen Kolonnen, fort. Tagsüber und zur Häutung sammeln sie sich in den für die Art typischen Gespinsten. Dort erfolgt ab ca. Ende Juni auch die Verpuppung. Nach drei bis fünf Wochen schlüpfen die Falter der nächsten Generation. Eichenblätter werden, ausgenommen der Blattmittelrippe, völlig verzehrt und auch Bäume können komplett kahlgefressen werden. Bei Kahlfraß werden Bäume geschwächt und in Kombination mit weiteren Schadschmetterlingen oder anderen Stressfaktoren können Bäume absterben.
Während der ausgewachsene Nachtfalter für Mensch und Tier harmlos ist, stellen die Raupen eine gesundheitliche Gefährdung dar. Zum Schutz vor Fressfeinden bilden diese ca. drei Wochen nach dem Schlupf feine, mit Widerhaken versehene und leicht brechende Härchen (Brennhaare) aus, die ein Nesselgift (Thaumetopoein) enthalten. Kommt Mensch oder Tier mit den Brennhaaren in Berührung, kann es zu toxischen und / oder allergischen Reaktionen kommen. Ein Kontakt kann nicht nur während der Raupenfraßzeit bis Ende Juni stattfinden, sondern während des gesamten Jahres, denn die Brennhaare in den Gespinstnestern können noch lange überdauern.
Hinzu kommt, dass sich die robusten Brennhaare über mehrere Jahre in der Umgebung ansammeln können, besonders im Unterholz und Bodenbewuchs. Durch Luftströmungen können sie verbreitet und durch Anhaftung an Kleidung, Schuhe oder Haustiere auch in die Wohnung getragen werden. Insbesondere einzelnstehende Eichen in Parkanlagen, an Alleen, auf Parkplätzen oder entlang von Waldrändern werden bevorzugt befallen. Entsprechend aufmerksam sollten hier Besucher und Anwohner sein. Auch über Brennholz kann ein Kontakt mit den Haaren stattfinden.
Der Falter ist in Schleswig-Holstein und Hamburg 2011 erstmals aufgetreten. Er gehört zu den Insekten, deren Verbreitung durch die Klimaerwärmung stark begünstigt werden. Er ist in den letzten Jahren aus Süddeutschland kommend bis ins südliche Schleswig-Holstein vorgedrungen. Die zunehmenden Jahresmitteltemperaturen lassen ein weiteres Vordringen nach Norden erwarten.
Der Kontakt mit den Brennhaaren verursacht sowohl eine mechanische Hautreizung, da sie in die Haut oder Schleimhaut eindringen, als auch eine toxische und / oder allergische Reaktion auf das Nesselgift. Das Ausmaß der Reaktion hierauf kann unterschiedlich ausfallen. Zu den Symptomen der sogenannten Raupendermatitis gehören lokale Hautausschläge in Form punktueller Rötungen, leichte Schwellungen, starker Juckreiz, Brennen und das Auftreten von Quaddeln.
Besonders empfindlich sind Körperregionen, in denen die Haut dünner ist, wie z.B. Gesicht, Hals oder Unterarme. Werden die Haare eingeatmet, kann es zu Reizungen der oberen Luftwege mit Halsschmerzen und Husten kommen. In seltenen Fällen können auch asthmatische Beschwerden auftreten. Sind die Augen betroffen, kann eine Bindehautentzündung die Folge sein. Weiterhin ist ein allgemeines Unwohlsein, gegebenenfalls mit Fieber und Schwindel möglich. Die Krankheitsdauer liegt meist bei ein bis zwei Wochen, es können aber auch noch einen Monat später Symptome vorhanden sein. Mit steigender Häufigkeit der Kontakte kann die Schwere der Symptomatik zunehmen. Haustiere können nach Kontakt mit den Brennhaaren ebenfalls Symptome entwickeln, insbesondere im Bereich ihrer Schnauze.
Kratzen Sie sich möglichst nicht, denn dadurch können die Brennhaare noch tiefer in die Haut gelangen und die Hautsymptome verstärken. Da an Kleidung und Schuhen anhaftende Haare bei Berührungen stets neue toxische und allergische Reaktionen auslösen können, wechseln Sie sofort die Kleidung, duschen Sie und waschen Sie sich gründlich die Haare. Waschen Sie die Kleidung mindestens bei 60° C, um das enthaltene Nesselgift zu inaktivieren. Falls die Augen betroffen sind, spülen Sie diese mit viel Wasser aus.
Es empfiehlt sich, die betroffenen Hautbereiche zu kühlen und mit einer juckreizlindernden Salbe zu behandeln. Sollte der Juckreiz stark ausgeprägt sein, kann auch die Einnahme von Antihistaminika helfen. Bei starken Beschwerden suchen Sie eine Ärztin oder einen Arzt auf und weisen Sie unbedingt auf Ihren Kontakt mit den Raupenhaaren hin.
Grundsätzlich sollten Sie ausgewiesene Befallsgebiete meiden und Raupen und Gespinste nicht berühren. Ist dies nicht möglich, schützen Sie zumindest empfindliche Hautbereiche, wie z.B. Nacken, Hals und Unterarme. Setzen oder legen Sie sich nicht in befallenen Gebieten auf den Boden und weisen Sie auch spielende Kinder auf die Gefahren hin. Achten Sie darauf, dass keine Brennhaare über Kleidung, Gegenstände oder Haustiere in die Wohnung eingetragen werden. Eine Bekämpfung von Raupen und Gespinsten sollte nur durch Fachpersonal durchgeführt werden.
Entdecken Sie einen Befall, melden Sie diesen bitte dem Ordnungsamt der betroffenen Gemeinde.
Quelle: Schleswig-Holstein.de